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300 Bäume sollen „entnommen" werden. Der Bund Naturschutz fordert: „Keine Nachverdichtung" und dokumentiert imposante Eichen, viele Vogelarten - und auch bedrohte Igel
Von Eva von Steinburg
Christian Hierneis, Vorsitender der Bund Naurschutzes, schaut an einem mächtigen Baumstamm
empor: „Mir blutet das Herz, wenn ich mir vorstelle, was hier alles an Natur geopfert werden soll." Der Grünen-Landtagsabgeordnete steht in der Siedlung „am Perlacher Forst", in dem Wäldchen der sogenannten Ami-Siedlung.
Hintergrund: Die Bima (Bundesanstalt für Immobilienaufgaben) will die Ami-Siedlung mit 1000
Staatsbedientestenwohnungen nachverdichten (AZ berichtete). Fünf sechsgeschossige Wohnquader sollen dazu neu errichtet werden. „Rund 300 Bäume sind dafür zu entnehmen", schreibt die Bima in ihrer jüngsten Pressemitteilung. Sprich: 300 Bäume werden für den Baugrund und die Baustelleneinrichtung gefällt werden müssen.
Doch stellt diese Siedlung wegen ihrer „offenen großen Parkflächen" und den ökologisch wertvollen Restwaldbeständen eine Besonderheit im Münchner Stadtgebiet dar", sagt der Münchner Bund Naturschutz-Vorsitzende Christian Hierneis.
Bei seinem Besuch im Oktober hat er mächtige Eichen, Rotbuchen, Linden, Kiefern Hainbuchen entdeckt. Bäume mit einem imposanten Stammumfang und die „vitale Gehölzstruktur" sind mit Schildern als „geschützte Landschaftsbestandteile" ausgewiesen - wegen ihres „ökologischen Werts".
Als für den Bau der Siedlung 1953 ein ganzer Quadratkilometer des dichten Perlacher Forstes gerodet wurde, sind waldähnliche Inseln zurückgeblieben - sie gelten heute als rares Ökoparadies in der Stadt.
Nach der Ortsbegehung mit Experten fordert der Bund Naturschutz (BN) klar: „keine Neuversiegelung der Ami-Siedlung" mit Eingriffen in den bedeutsamen Baumbestand. Zudem fordert der BN: „Eine Sanierung und Aufstockung der Siedlungshäuser". Wofür auch die örtliche Bürgerinitiative IWAP mit einer Petition kämpft.
2025 soll eine Klimauntersuchung die Auswirkungen der Quader-Neubauten
auf die Frischluftschneise analysieren. Ein baufachliches Gutachten soll zeigen, dass die Bausubstanz der 50er-Jahre-Riegel robust genug ist, um saniert zu werden. Robust genug, um eine Aufstockung des Dachs zu tragen um zwei Stockwerke?
„Möglicherweise in moderner Holzbauweise", so Dorit Zimmermann vom Arbeitskreis Baumschutz.
Sie ist Teil der fünfköpfigen BN-Gruppe, die die alten knorrigen Bäume der Ami-Siedlung vor der Motorsäge schützen will.
Der BN möchte so viel Grünfläche wie möglich bewahren.
Eine Nachverdichtung - ohne Abriss - solle C02 und Ressourcen einsparen, so ihr Plädoyer.
Der Ornithologe Manfred Siering vom BN hat in den Bäumen und Büschen der Ami-Siedlung im Fasangarten eine Vielzahl an Vögeln dokumentiert: sechs unterschiedliche Maisen-Arten, Kleiber, Feldsperling, Buchfink, Gimpel oder die Wacholderdrossel.
Er hat zudem drei Spechtarten beobachtet, den Bunt, Grün- und den Schwarzspecht und den bedrohten Braunbrustigel dokumentiert. „Dieses gewachsene Biotop steht auf dem Spiel, wenn wie geplant, Bestandsgebäude abgerissen und durch quaderartige sechsstöckige Bauten mit Innenhof ersetzt werden", lautet die aktuelle offizielle Position des Bund Naturschutzes, Kreisgruppe München.
Die größte Streitfrage: der geplante Kahlschlag der Bima im urigen „Wäldchen". Das bekannte kleine und dichte Waldgrundstück am Siedlungs-Eingang, an der Ecke Lincoln/Cincinnatistraße, soll für den Neubau eines Wohnquaders mit Staatsbedienstetenwohnungen „komplett abgeholzt werden", so Hierneis vom Bund Naturschutz. Nicht nur für den Erhalt dieses Wäldchens legen sich die Naturschützer jetzt ins Zeug.